Als ich klein war, war ich oft bei meiner Großmutter. Sie war sehr streng und ich mußte immerzu Bitte und Danke sagen. Und manchmal warf sie Dinge auf den Boden, um zu sehen, wie flott ich hinlaufen würde, um sie aufzuheben.
Sie wollte, daß ich gut abgerichtet – äh, pardon, erzogen – bin und daß ich ein guter Mensch werde.
Obwohl sie eine belesene Frau war, schätzte sie Kreativität über alles. Oft sagte sie zu mir: „Du bist vif und kannst aus Nichts was machen. Nutze das! Im Krieg haben wir nur aus Mehl und Wasser Kuchen gebacken. Du kannst das auch!“
Heute beschleicht mich der Verdacht, daß sie die Kreativität nicht so sehr in mir sah, wie sie sie sehen wollte. Aber sie wußte wohl, daß wir ein gewisses Selbstbild formen durch das, was wir oft gesagt kriegen. Und daß wir über dieses geformte Selbstbild zuweilen über uns selbst hinauswachsen.
Ich sollte wohl später mal kreativ werden und dafür legte sie sorgsam den Grundstein. Und nunja, ihr kleiner Schmäh hat funktioniert.
In uns allen gibt es eingebaute Bremsen im magischen Land der Kreativität. Persönliche Bekannte von mir mit periodischer Umlaufbahn. So lange ich mich dran erinnere, daß sie wohl zum Leben dazugehören wie obligatorische Satelliten versetzen sie mich weniger in Panik.
Hier ist meine best of böse Hürden Liste:
Größe ist nicht alles
– manchmal entscheidet bekanntlich die Technik. Im Fall der Kreativität die Salamitechnik. Scheibe um Scheibe. Wenn ich mir vornehme, eine Million Duos zu schreiben, steh ich erst gar nicht auf. Setze ich mich dran, eines zu schreiben, das jemand anderen erfreut, voilà, versuche ich vielleicht gleich ein zweites hinten nach. Und interessanterweise hat sich immer wer gefunden, der so getan hat, als würden ihm meine Stückerl Freude machen.
Obsessives Zerdenken
Wenn alles nach Plan und strikter Logik geht, kann das beeindruckend sein. Allermeistens ist es aber einfach nur furz langweilig. Und wer möchte das: furz langweilige Kreativität? Du bekommst hier die offizielle Erlaubnis, auch mal widersprüchlich, bissl dramatisch, unsinnig und unvernünftig zu sein. Das ist voll in Ordnung.
– Aber verrat Deinem Schätzchen bloß nicht, daß ich Dir das gesagt hab!?
Angst vor … – ja vor was genau eigentlich?
Manchmal ist Furcht die größte Bremse. Aber wovor fürchten wir uns? Kritisiert zu werden? Fehler zu machen? Verlacht zu werden? Was zu verlieren? Was denn? Daß wir uns zum Deppen machen? So lange wir das Biest nicht beim Namen nennen, hat es uns fest im Griff. Sind wir mutig und schauen ihm direkt in die Augen, wird dieses Phantom vielleicht nicht verschwinden. Aber es wird verblassen. Wie ein Bild, dem wir in Photoshop die Farbe entziehen.
Du kannst aus Nichts was machen.
Nutze das! Mach Kuchen aus nur Mehl und Wasser.
Und ich komm dann vorbei und probier ihn.
Ich versprech, Bitte und Danke zu sagen, werf aber nix auf den Boden! ;o)
Herzlichst,
Anselma
p.s. Beim diesjährigen Anciuti Music Festival in Forni di Sopra, Italien, sind wir mit einer Auftragskomposition vertreten – ein Spezial Tango für Oboen und Fagotte. Wir freuen uns über diese wunderschöne Aufgabe für Reeds ’n Kids. Wunderbare Leute, wunderbares Festival, eine tolle Initiative!
p.p.s. Auf der Suche nach guten Fagott Etüden, die ins Ohr gehen? Diese HIER gefallen uns besonders gut.
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