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Wer Du bist

In einem fernen Land im Orient gab es einst einen König, der eine militärische Spezialeinheit unterhielt. Sie bestand aus einer Brigade berittener Elefanten. Als der führende Leitelefant zu alt für den Einsatz im Kampf wurde, ließ man ihn frei, um seinen Lebensabend unbehelligt im Dschungel zu erleben.

Eines Tages rutschte der Elefant beim Trinken am Flußufer zu weit in den Matsch und steckte fest. Er konnte seinen Fuß nicht mehr herausbewegen. Mit der Elefantentrompete rief er um Hilfe und die Diener des Königs eilten herbei, um nach ihm zu sehen. Keiner von ihnen konnte den Fuß des mächtigen Tieres bewegen.

Der König ließ einen seiner Weisen kommen und befragte ihn, wie man den Elefanten aus seiner misslichen Lage befreien könnte. Der alte Mann überlegte einen Moment und sagte dann: „Rührt die Marschtrommel!“

Die Armee wurde bestellt und man tat wie befohlen, rührte die Marschtrommel.

Der Elefant horchte auf. Er sammelte all seine Kraft und mit einem festen Ruck befreite er sein Bein. Ganz alleine, mit einem Satz. Der Klang der Marschtrommel erinnerte ihn daran, wer er war: das stärkste Tier im Dschungel!

 

Zu oft machen wir uns wegen unserer Schwächen fertig. Und an vielen Stellen wird uns geraten, an dem zu arbeiten, was uns schwer fällt. Oftmals bringt es uns aber sehr viel weiter, unsere Stärken auszubauen und diese zu entfalten.
Es ist also eigentlich anders rum.

Kein Mensch hat jemals Außerordentliches geleistet, weil er ein klein bißchen besser in dem wurde, worin er von Natur aus Schwächen hat.
Jeder, der etwas erreicht hat, wurde eine bemerkenswerte Persönlichkeit, weil er oder sie phänomenal wurde in dem, worin er bereits gut war.

Im Unterricht frage ich meine Schüler ganz gerne, worin sie richtig gut sind, wenns ums Musik machen geht. Was gefällt ihnen besonders an ihrem eigenen Spiel? Was sehen sie als ihre Stärken? Worin sind sie ganz von selbst wirklich gut?

Für gewöhnlich folgt erst mal ein etwas verlorener Blick und irgendein Ausdruck von „weiß ich doch nicht“. Ihre Antwort ist: Stille. Keine Ahnung!
(Oder noch besser: Mußt Du doch wissen, Du bist ja der Lehrer!)

 

Unsere Welt ist so gestrickt, daß wir blind sind für unsere eigenen Stärken.
Wir lernen nicht, unsere eigenen Gaben zu erkennen.
Uns wird beigebracht, auf unsere Schwächen zu stieren, das ist der Weg vorwärts und das einzig Angebrachte.

Wenn alles rund läuft, ist das kein großes Problem, wenn wir kein wirkliches Gefühl dafür haben, wer wir eigentlich sind.
Wirds unwegsam und holprig im Leben, könnte dieses Nichtwissen Schwierigkeiten nach sich ziehen, überhaupt weitermachen zu wollen und ebenso einen Mangel an Kraft, um seine eigene Spur wieder aufzunehmen.

 

Der Treibsand des Lebens kann uns erfassen und runterziehen und ohne daß wir uns an unsere Stärken erinnern, sind wir in Gefahr unterzugehen.

Nichts ist so nützlich, wie die Fähigkeit wieder zu erlangen, seine eigene Marschtrommel zu rühren.
Wenn wir anstehen, ist der beste Rat, den ich geben kann, sich selbst zu sagen, was man bereits meistert.
Denk an das, was Dir liegt, worin Du gut bist, heute, jetzt, in diesem Moment.
Und denk an das, was Du zu tun liebst.
Dort findest Du den Schatz der Selbsterkenntnis.

Much love,
Anselma