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Bescheidenheit ist keine Zier

Als Ikarus Kreta verlassen wollte, dachte er, ha, ich nehm den Luftweg. Er stiefelte in seine Werkstatt und bastelte sich ein paar Flügel zusammen.
Sein Vater betrachtete, was der Sohn da tat und er warnte ihn vor zwei Dingen.

Er warnte den Sohn davor, faul zu werden. Fliegen wäre bald sehr bequem und er würde gar nicht mehr zu Fuß laufen.
Und er warnte ihn vor Hybris, der Selbstüberschätzung. Ikarus würde sein Ego mit seiner Erfindung aufpolieren und dumme Dinge tun.

 

 

Tja, der Vater hatte Recht und Ikarus hörte ihm nicht zu. Er ignorierte diese beiden Warnungen. Statt achtsam und bescheiden zu sein flog er übermütig so sehr in die Nähe der Sonne, daß diese das Wachs aus seinen Flügeln schmolz. Er stürzte ins Meer und ertrank.

Diese Geschichte hörte ich in der Schule und fand sie für die Musik überaus passend.
Immer, wenn wir etwas erreichen, ein neues Level erklimmen oder bemerken, daß wir gute Fortschritte machen, sind wir mit den beiden „Ikarus Fallen“ konfrontiert.
Wir könnten faul werden – oder arrogant.

 

Daß wir uns darin trainieren, zu diesen beiden Optionen ein klares Nein zu sagen, ist ein wichtiger Wert für unser Leben.

Trotz aller Könnerschaft gibt es immer jemand, der’s besser kann als wir.
Ja, wir haben Talente. Aber genauso hat jeder von uns auch Defizite und Baustellen.
Und es gibt immer Dinge, die wir nicht können.

Wo wir auch sind, immer liegt darüber eine neue Liga, die wir erreichen können.
Letztendlich gibt es keine Meisterschaft in dieser Welt.
Die Musik wird immer ein unerreichtes Ideal bleiben, egal wie weit wir kommen.
So wie eine unerreichbare Liebe, „the lover we can never catch“.

Auch wenn es in unserer Welt der Stars, Wunderkinder und Stilikonen nicht so aussieht, so halte ich Erfolg dennoch immer für eine Gruppenangelegenheit. Niemand ist dort wo er steht, ganz alleine hingekommen. Wir alle haben geliebte Menschen, Lehrer, Kollegen und Freunde, die uns auf dem Weg begleiten. Manche helfen uns.
Andere fordern uns heraus, weil sie nicht an uns glauben. Was bewirkt, daß wir es „ihnen zeigen wollen“. Was auch ein Ansporn ist.

 

An einem soliden Selbstvertrauen ist absolut nix verkehrt.
Wir sollten es nur nie ohne Humor für unsere Menschlichkeit walten lassen.
Arroganz ist so ernsthaft!

Man sagt: Je mehr man versucht, desto besser wird man.
Wir können Dinge, die wir oft probiert haben. Weil wir oft versagt haben.

Das Ego haßt Versagen. Aber Dein echtes Ich weiß, das Versagen bringt Dir Flügel.
Und zwar solche, die nicht schmelzen ;o)

Ich wünsch Dir, daß Du normal ins Musik machen zurückkehren kannst diesen Herbst.
Wir alle brauchen Musik, um ein gesundes Leben in einer ungesunden Welt zu führen.

Herzlichst,
Anselma

 

p.s. Der wunderbare Fagottist Nikolaus Maler hat ein supercooles Play-Along der „Lustigen Duos“ aufgenommen. Ransetzen, Rohr drauf, mitspielen – und einstimmen nicht vergessen!!! ;o) Du findest sein Video HIER.

 

 

 

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