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Nur das EINE Projekt

Wenns Dir ein bissl so geht wie mir, hast Du eine recht gewaltige Menge an Interessen.
Und das erzeugt… nunja, Unannehmlichkeiten. Ziemlich große sogar. Wie das?
Laß mich das ein wenig ausführen.

Da wäre einmal das berufliche Leben. Das sieht bei jedem anders aus und bringt für jeden andere Aufgaben und Dinge, auf die man hinlebt. Bei einem Fagottisten wären das beispielsweise: Konzerte, Unterricht, üben, Rohre bauen, neue Noten suchen (hoffentlich auf AnselmaMusic.com!), gut auf Schüler und Studenten schauen und einen lebendigen Kontakt zu anderen Musikern pflegen.

 

Parallel dazu versuchen wir natürlich, unser Wissen und Können zu verbessern. Wir lernen über eine bessere Haltung und Einstellung, üben bessere technische und mentale Skills, verbessern unser Auftreten auf der Bühne und in der Öffentlichkeit, wir werden geläufiger, gut zu vermitteln.

Und natürlich gibt es das private Leben. Hobbies, Familie, Sport und Bewegung, wir finden heraus, wie man eine bessere Person, ein besserer Partner und ein besserer Elternteil ist. Wir reflektieren über unser Leben, was wir bisher gelernt haben, wir sehen wohlwollend auf unsere kleinen Vorwärtsschritte, wir erkennen, worauf wir stolz sein können und was wir in Zukunft besser lassen sollten. Wir kümmern uns einfach drum, ein besserer Mensch zu werden.

All diese Dinge kochen in einem großen Topf zusammen, den wir unser Leben nennen. Sie schwimmen alle schön in einer Suppe. Und dieses Nebeneinander allein kann ein Gefühl von Überwältigung erzeugen.
Viele, viele Teller wollen balanciert sein und alle sollen oben bleiben.

Die tägliche To-do Liste ist komplett voll, nichts kann hinzugefügt werden. Das, was unsere tägliche Routine ist, bringt den Topf beinah zum Bersten. Jeden Morgen, jeden Tag.

 

Hier ist die Falle, in die wir so gerne tappen:
Wir denken uns, ach, das wird schon wieder ruhiger! Nur noch dieses eine … – bitte ausfüllen – (Konzert, Projekt, dieser eine Monat, diese eine Woche, …) und DANN wird alles wieder normal, es wird wieder entspannt, hübsch und einfach.

Tja, die nackte Wahrheit sieht so aus: Hübsch und einfach wird nie kommen.
Weil sie nicht existieren.

Normal, das ist dieser große Topf, wo alles nebeneinander rumschwimmt und wo sich Dinge gern als Überforderung anfühlen.
Und Du weißt das, wenn Du kurz ganz still wirst und ehrlich bist.

Tu mir bitte einen Gefallen. Lösche einfach diesen Satz: „Nur dieses eine … (was auch immer) und DANN wirds wieder ruhig.“
Das ist eine Fantasie, eine Illusion, ein leerer Wunschgedanke.

Neue Stürme sind immer im Anmarsch. Schau nur mal zum Fenster raus. Es gibt kein hübsches, einfaches Wetter. Es ändert sich immerzu, es ist immer in Bewegung, es ist nie stabil und die Ruhe hält niemals an.

Das Leben spielt sich im Moment ab.
Das ist gruselig, ich weiß. Wir hättens gern anders.

Ich denke, wenn wir ein gutes Leben haben möchten, gibts nur eine Option:
Wir lernen, die Suppe im übervollen Topf zu genießen, wir bejahen den ständigen Wechsel und wir öffnen unsere Arme für das Chaos.

Ruhig, hübsch und einfach – Utopie. Laß sie gehen.
Dennoch: Es gibt immer Zeit, im Moment, jetzt, zu entspannen, durchzuschnaufen – und zu sehen, es ist alles gut. Ohne „Nur noch dieses EINE Projekt…“.

Herzlichst,
hab ein schönes Zurückkehren in das normale Leben… 😇
Anselma

p.s. Kennst Du schon unsere Lehrwerke für Anfänger? Hier sind die unangefochtenen Bestseller seit 2009, in neuer Edition: Anselmas neue Fagottschule und Anselmas neue Fagottinoschule. Beliebt, denn sie funktionieren einfach gut, um die Grundlagen solide zu lernen 😉