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Der Elefant im Musikzimmer

Wir Menschen sind eigenartige Tierchen. All diese widersprüchlichen Tendenzen leben in uns, ziehen uns mal da und mal dorthin. Manchmal so stark, daß wir gar nicht mehr wissen wohin.

Musiker haben das schwere Schicksal, mit einem Ideal zu leben. Wir wissen, wir werden es nie, nie, nie so ganz erreichen. Wir leben als Tangenten. Und wir hängen uns rein, uns dieser gnadenfreien Perfektion anzunähern so gut wir können, Tag für Tag. Aber es gibt kein Bleiben in ihrer Nähe.

Das macht uns zu großartigen Kritikern. Wir suchen aktiv nach unseren Fehlern um eine bessere Kunst zu liefern. Wir sind regelrechte Verbesserungs Schnüffler, wir wittern jede wie auch immer geartete Optimierungsmöglichkeit.

Auf der anderen Seite gibt es Baustellen, die weithin hör- und sichtbar sind für jedermann – außer für uns selbst, wie’s scheint. Wir entscheiden uns, diese großzügig zu ignorieren. Der Elefant sitzt ganz bequem in unserem Wohnzimmer und wir geben unser Bestes, ihn nicht zu sehen, wenn wir uns seitlich sachte an ihm vorbeischieben.

 

Wenn ich mich dabei ertappe, den Elefant zu umrunden, kommt mir das Gefühl, daß wir Menschen so handeln, weil wir sonst den Boden unter unseren Füßen verlieren. Schließlich gibt es SOOO VIELES, was wir besser tun könnten, so ziemlich alles…

Und das ist nicht nur auf Musik begrenzt. Wir könnten besser putzen, kochen, aufräumen, wir könnten nicht nur bessere Musiker, sondern auch bessere Eltern, Partner und Freunde sein.

Der Boden öffnet sich und wir schauen in den Abgrund der Orientierungslosigkeit. Was unten lauert, ist das Dunkel des uns anglotzenden Selbstverlustes, der in dem Wort KÖNNTE versteckt ist.

Das nächste Mal, wenn Du dieses interessante Ignorier-Ding bemerkst, schenk Dir ein mildes Lächeln.
Du bist ein Held! Ein Held, der Dich davor beschützt, in das dunkle Ich-könnte-doch-so-viel-besser-sein Land abzustürzen. Kein schöner Ort, niemand mag sich dort aufhalten!

 

Feiere Deinen guten Riecher für Verbesserungen und – feiere auch den Elefant. So lange es genug Platz gibt, um seinen dicken Bauch rumzuschleichen, ist alles gut… ;o)

Herzlichst,
Anselma

 

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